Das Oberlandesgericht Hamm musste über die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall entscheiden, bei dem beide Unfallbeteiligte die Vorfahrt zu beachten hatten. Die Fahrerin eines E-Bikes befuhr einen neben einem Kreisverkehr verlaufenden Radweg. Vor dem Queren der Einfahrtsstraße zum Kreisverkehr haben Radfahrer dort das Verkehrszeichen „Vorfahrt gewähren“ zu beachten. Kraftfahrer, die in den Kreisverkehr einfahren wollen, passieren vor dem Radweg und dem Kreisverkehr ebenfalls das Zeichen „Vorfahrt gewähren“ in Kombination mit dem Zeichen „Kreisverkehr“.
Das Gericht schränkte die Wartepflicht für Kraftfahrzeuge dahingehend ein, dass sie aufgrund der von ihnen zu passierenden Verkehrszeichen lediglich gegenüber dem auf der eigentlichen Kreisbahn befindlichen Verkehr wartepflichtig sind und nicht auch gegenüber Radfahrern, die den neben der Kreisbahn befindlichen Radweg benutzen. Demgegenüber gilt für Radfahrer die uneingeschränkte Wartepflicht nicht nur gegenüber Fahrzeugen, die aus dem Kreisverkehr in die Zufahrtsstraße abbiegen, sondern auch gegenüber den Fahrzeugen, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollen. Die bei der Kollision verletzte Radfahrerin musste daher alleine für den ihr entstandenen Schaden aufkommen.
Urteil des OLG Hamm vom 17.07.2013
Aktenzeichen: 9 U 200/11
JURIS online